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Über den wichtigen Umgang mit Unterschieden

Unterschiede - gerade in der Persönlichkeitsstruktur oder im Wertesystem der Partner - werden im Laufe der Zeit zunehmend zur Quelle von Paarkonflikten. In der Verliebtheit werden diese gerne noch ignoriert oder bilden den Kern der „magischen Anziehung“ durch das Fremde und Unbekannte – im Volksmund auch unter „Gegensätze ziehen sich an“ bekannt. Mit der steigenden Zahl zu klärender Alltagsfragen werden jedoch immer mehr Brücken der Verständigung benötigt für all das, wo der Partner anders tickt als man selbst. Jeder Mensch lebt - bildlich gesprochen - auf seiner eigenen Insel. Auf diese Insel folgt das Wahrnehmen, Denken und Fühlen sowie das darüber Kommunizieren einer eigenen inneren Logik und funktioniert damit nach Programmen und Mustern, die vom Anderen kaum intuitiv verstanden werden können. Daher gilt für langjährige Partnerschaften auch eher: „Gleich und gleich gesellt sich gern!“

Für die Frage, wie trennend Unterschiede auf Dauer empfunden werden, spielt es eine erhebliche Rolle, auf welchen Gebieten die beiden Partner verschieden ticken. Hierbei sind wichtig:

  • Können diese Unterschiede so ins tägliche Leben integriert werden, dass die verschiedenen Stärken und Schwächen eine ideale Ergänzung bilden können?
  • Und was muss sich auf der Wahrnehmungsebene und im Denken bei jedem Einzelnen verändern, um diese Perspektive einer „Win-Win-Situation“ zu erlangen?

Aus meiner praktischen Erfahrung sind Unterschiede am produktivsten nutzbar, wenn sie differierende Temperamente (einer ist introvertiert, das andere extrovertiert) oder unterschiedliche theoretische wie praktische Fähigkeiten betreffen. Gerade in Gesellschaft stört es nicht, wenn nur einer von beiden gern erzählt, denn so lässt sich ein möglicher Konkurrenzkampf gut vermeiden, sich beim Erzählen gegenseitig übertrumpfen zu wollen. Außerdem kann der Introvertierte dem Partner hinterher in Ruhe berichten, was er alles beobachten konnte, während der andere in seinem Element war. In gleicher Weise lassen sich bspw. handwerkliche, kaufmännische oder sprachliche Fähigkeiten (um nur einige zu nennen) so einsetzen, dass jeder sich um die Bereiche des täglichen Lebens kümmert, die ihm besonders gut liegen und vielleicht sogar Freude bereiten.

Deutlich schwerer überbrückbar sind in aller Regel Unterschiede im Wertesystem oder bei Sympathie-/Antipathie-Gefühlen ggü. bestimmten Menschen oder Personengruppen. Die Bedeutung von

  • Geld, Konsum und Status, 
  • Dingen, die Freude bereiten,
  • genussreichem Wollen im Vergleich zur pflichtgemäßen Aufgabenerfüllung  oder
  • Spiritualität und geistig-seelischer Entwicklung im Leben

sind meist schwer diskutierbar und lassen wenig Raum für Kompromisse. Ähnlich verhält es sich, wenn der eine sich in Gesellschaft von Personen wohlfühlt, die der Partner verabscheut, und umgekehrt. All diese Formen von Unterschieden in der Persönlichkeit oder Weltanschauung können die Basis für das gemeinsame Erleben so weit reduzieren, dass ein schleichender Entfremdungsprozess nur schwer aufzuhalten ist.

Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht verständlich, dass Unterschiede sowie der Umgang mit ihnen einen entscheidenden Einfluss auf eine der wichtigsten Säulen langjähriger Partnerschaften haben: Wertschätzung! Sobald es uns gelingt, gerade die Andersartigkeit des Partners als Gewinn für die Beziehung zu sehen, können wir diesem Anders-Sein auch wertschätzender gegenüber treten. Denn das anzuerkennen, was der Andere für die Partnerschaft und das gemeinsame Leben tut, und ihn dies auch spüren zu lassen, ist der beste und am nachhaltigsten klebende Kitt in Beziehungen. Er wird nahezu immer vernachlässigt. Gerade deswegen gehört die Arbeit an einem Perspektivwechsel von „trennenden Differenzen“ hin zu „sich ergänzenden Unterschieden“ zu den besten und sinnvollsten Investitionen in eine zufriedene Partnerschaft.

Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt!

(Albert Schweitzer)

Hund und Katze